Häufig ist es gar nicht so schwer, einen Roman anzufangen. Sobald du die Angst vor dem leeren Blatt überwunden hast, trägt dich die Begeisterung wie von selbst durch die ersten Kapitel. Sagen wir mal, deine Romanidee ist großartig und du hast dafür gesorgt, dass du regelmäßig Zeit zum Schreiben hast. Na, dann sollte sich dein Buch jetzt eigentlich wie von selbst schreiben. Oder?
Inhalt
Und dann kam der Schwellentroll
Der Schwellentroll ist ein gemeiner Geselle. Er taucht genau dann auf, wenn du dich mit deinem Schreiben in Sicherheit wähnst. Er macht dir seine Aufwartung in exakt dem Moment, in dem du dir sicher bist, über die Anfangshürde hinweg zu sein und dein Buch einfach nur fertig schreiben zu müssen.
Plötzlich geht es einfach nicht mehr weiter. Deine Ideen versiegen, deine Laune sinkt Richtung Nullpunkt. Plötzlich kommt dir deine ganze Romanidee irgendwie dumm vor. Und irgendwo in deinem Kopf richtet sich dein fetter Schwellentroll zu voller Größe auf und zwinkert dir verschwörerisch zu. „Hab ich dir nicht gesagt, dass diese ganze Schreiberei zu nichts führt?“ zischt er. „Wer soll denn so etwas lesen? Du kannst einfach nicht schreiben und die Ideen gehen dir auch aus. Lass es sein, bevor du dich blamierst.“
Wenn du einen starken Willen hast, kämpfst du dich jetzt vielleicht noch ein paar Buchseiten weiter. Doch irgendwann lässt sich der Schwellentroll endgültig auf deiner Tastatur nieder, legt die Füße hoch und schaut dir tief in die Augen. An diesem Punkt kannst du genau zwei Dinge tun:
- Du gibst das Schreiben auf
- Du siehst zu, wie du diesen unliebsamen Gesellen wieder loswirst oder ihm zumindest einen Maulkorb verpasst. Denn du möchtest ja sicherlich nicht, dass dein Schreiben sich anfühlt wie ein seit zwei Tagen gekauter Kaugummi.
Verjagt den Prokrastinations-Schwellentroll!
Zunächst musst du wissen, dass der Schwellentroll nicht an irgendeiner Stelle zugreift. Er ist ein ziemlich fauler Geselle und nutzt unsere eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten, um sein Ziel (nämlich das Versiegen deiner Kreativität) zu verfolgen.
Das ist zwar ärgerlich, aber es bedeutet auch, dass du selbst etwas tun kannst, um ihn von seinem Treiben abzuhalten. Im Folgenden findest du drei Tipps, die die Macht des Schwellentrolls begrenzen und es dir ermöglichen, deine Schreibblockade zu überwinden.
1. Was sagt er denn so, der Schwellentroll?
Eine sehr gute Möglichkeit, die Schreibblockade zu überwinden, besteht darin, den Schwellentroll aus seinem Versteck zu locken. Solange er nämlich in deinem Unterbewusstsein herumwühlt, ist er sehr viel mächtiger, als wenn du ihn zu einer Tasse Tee einlädst und dir seine dummen Sprüche in aller Ruhe anhörst. Und da du ja Schriftsteller bist, kannst du diese Übung auch gleich schriftlich machen. 😉
Nimm dir etwas zum Schreiben und eine halbe Stunde Zeit.
Stell dir nun vor, du würdest deinen Roman weiterschreiben. Höre dabei sehr aufmerksam auf deinen Schwellentroll. Schreibe auf, was dieser Miesmacher zu deinem Projekt zu sagen hat. An welchen Stellen kritisiert er dich? Welche Dinge kannst du angeblich nicht? Was würde nach Meinung deines Schwellentrolls geschehen, wenn du jetzt dein Buch einfach fertig schreibst?
Diese Übung zeigt dir schwarz auf weiß, welche Bedenken und Ängste dich vom Schreiben abhalten. Vielleicht siehst du jetzt schon, dass viele davon völlig aus der Luft gegriffen sind. Andere Bedenken könntest du jetzt gleich anfangen zu entkräften.
Beispiele:
Dein Schwellentroll sagt: „Du hast nur diese eine gute Buchidee. Deswegen darfst du mit dem Buch nie fertig werden, weil dir danach nie wieder etwas Gutes einfallen wird.“
In diesem Fall könntest du anfangen, Ideen für einen zweiten Roman zu sammeln.
Oder er sagt: „Du machst dich lächerlich, weil dein Roman nicht wirklich gut ist.“
Frage ihn doch mal: „Was ist lächerlicher, ein gar nicht fertig gestellter Roman oder einer, der nicht ganz perfekt ist, aber dafür tatsächlich gelesen werden kann?“
Viele Menschen empfinden es auch als hilfreich, ihrem Schwellentroll einen Namen zu geben und ihn zu Diskussionen einzuladen. Vielleicht möchtest du auch eine Zeichnung von deinem persönlichen Schwellentroll anfertigen und an deinen PC hängen. Dann kannst du ihn direkt böse anschauen, wenn er wieder gemeine Sachen zu dir sagt. 😉
Kurz: Mache deinen Schwellentroll zu einer Persönlichkeit, mit der du diskutieren und die du auslachen kannst. Dann verliert er seine Macht über dich.
2. Trotzdem schreiben
Vielleicht denkst du, der Schwellentroll würde dich vom Schreiben abhalten. Aber das ist so nicht ganz korrekt. Denn der Schwellentroll, für sich genommen, hat überhaupt keine Macht über dich. Es ist eher so: Du hörst dem Schwellentroll zu und entscheidest, lieber nicht schreiben zu wollen. Nur zur Sicherheit, falls er doch recht hat.
Das bedeutet:
Und zwar absolut nie! (Es sei denn, dein Gehirn ist über Nacht weggerostet oder von Außerirdischen entführt worden. In diesem Fall würde ich eine Ausnahme machen …) Tja, tut mir leid, dass ich dich um deine Ausreden gebracht habe. Wieder einmal fällt die Verantwortung, ob du schreibst oder nicht, ganz allein dir zu.
Versuche, zu schreiben, obwohl du denkst, dass es nicht geht.
Setze dich einfach hin, nimm einen Stift oder die Tastatur und los geht es. Folgende Einstellungen können hilfreich sein, wenn du dich blockiert fühlst:
- Erinnere dich daran, dass es absolut legitim ist, einen Erstentwurf zu schreiben. Niemand hält dich davon ab, deinen Roman nochmal zu überarbeiten.
- Ob du dein Schreiben als gut oder schlecht empfindest, hängt sehr viel mehr von deiner eigenen Laune ab, als vom eigentlichen Schreiben.
- Bewusst schlechtes Schreiben enthält häufig sehr feurige Ideen, die du dir normalerweise niemals erlaubt hättest. Diese kannst du später nutzen, um dein Buch aufzupeppen. Und was dir nicht gefällt, streichst du später einfach weg.
- Niemand will ein perfektes Buch lesen. Das ist total langweilig. Was wir wollen, sind INTERESSANTE Bücher. 😉
3. Das Wunderwort ‚Pause‘
Vergiss den 24 Stunden lang arbeitenden, frierenden Schriftsteller in seiner Dachkammer. Gutes Schreiben entsteht nicht getrennt vom ‚wahren Leben‘. Im Gegenteil, es gibt eine klare Verbindung zwischen dem Fluss deiner Kreativität und der Art und Weise, wie du lebst.
Wenn dein Schreiben plötzlich stockt, ist es gut möglich, dass du im Eifer des Gefechts andere wichtige Bereiche deines Lebens vernachlässigt hast. Wann hast du das letzte Mal Zeit gehabt, dich einfach ‚treiben zu lassen‘? Wie häufig machst du neue Erfahrungen? Erlebst inspirierende Events? Erlaubst du dir, verrückte und lustige Dinge zu tun?
Wenn du wirklich feststeckst, kann es unglaublich reinigend sein, einen halben Tag einzuplanen, um mal etwas ganz anderes zu tun. Etwas, das deinen Alltag durchbricht und ein bisschen frischen Wind in dein Leben bringt. Dieser Wind wird auch dein Schreiben befruchten.
Lass uns gemeinsam Schwellentrolle jagen!
Liebe Grüße,
Marie
Marie Gräff bloggt auf www.schwellentroll.de über die Kunst, als Künstler zu leben, die Aktivierung der eigenen kreativen Energie und die Überwindung von Kreativitäts-Blockaden. Schau doch mal vorbei!
Bilder:
Apfel: © alexkich – Fotolia.com
Schwellentroll: © Lena Gladziewski & Marie Gräff
Marie Gräff: © Gerd Babin, TriLuminArt
Da kann ich nur sagen bravo und einen Link beisteuern:
http://bombaydiaries.bombayaddict.com/2006/03/calvin-and-hobbes-take-on-writers.html
Mit Maries Tipps hat der Erfinder es jetzt etwas schwerer 😉
Der Strip hängt bei mir über dem Schreibtisch, als stete Mahnung, dass Schreibblockaden selbst verzapft sind.
Der Strip trifft den Nagel auf den Kopf – danke für die Ergänzung 🙂
Danke Dir, daß sind sehr wertvolle Hinweise zu Schreiben 🙂
Den Dank gebe ich doch sofort an Marie weiter. Ich freue mich, dass dir ihre Tipps helfen 🙂
Ich freue mich, dass dir mein Artikel geholfen hat 🙂
Vielen Dank für die wertvollen Tips 🙂
Schreibblockade! Ein Wort, das mir Angst einflößt. Ich nenne es lieber meine „Kreativpause“. Im Gegensatz zu einer Blockade, die ich aktiv überwinden muss, hat eine Pause immer ein Ende, sei es nach Stunden, sei es nach Wochen. Für mich persönlich bezieht sich die „Kreativpause“ nur auf das aktuelle Projekt. Man kann durchaus anderweitig kreativ sein. Ich nutze diese Zeit gerne für Musik. Manchmal gehen mir Szenen und Figuren durch den Kopf, die aber nicht in das aktuelle Projekt passen. Dann schreibe ich trotzdem Handlungen, Charaktere, Dialoge in meine Notiz-Datei, fange schon den Plot für den Folgeband an. Und irgendwann ist die Pause wieder zu Ende… mit vielen Kreativpausen zwar zwei Jahre an meinem Debüt-Roman geschrieben (ca. 900S im Manuskriptformat), aber
sorry, bin auf die Return-Tast gekommen… war aber eh schon fast am Ende 🙂 wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass ich persönlich Schreibblockaden als „normal“ empfinde. Man sollte sich aber selbst nicht unter Druck setzen. 🙂
Danke für die tolle Ergänzung! Ich denke, es kommt immer darauf an, wie sehr du selbst unter der Schreibblockade leidest. Zu einer ‚richtigen Schreiblockade‘ wird es für mich erst, wenn sie dich langfristig von deinen Zielen abhält. Den Begriff ‚Kreativpause‘ finde ich super 🙂
Danke! Ich glaube, jeder „leidet“ unterschiedlich unter diesem Thema. Wenn man mit Büchern seinen Unterhalt bestreiten „muss“ oder der Verlag Termindruck ausübt, dann kann die aufkommende Panik kontraproduktiv werden. Die Sichtweise zu ändern (Blockade → Pause) funktioniert bei mir bestens, mag aber bei anderen Autoren nicht unbedingt zum Ziel führen…
Mir gefällt der Ausdruck Kreativpause auch. Noch besser gefällt mir, dass es – deiner Schilderung nach – eigentlich keine Kreativpause sondern mehr eine Projektpause ist und du deine kreativen Energien einsetzt. Aus meiner Sicht sind übrigens auch Überarbeitungen und Recherchen Arbeit am aktuellen Roman.
Du hast vollkommen recht, „Projektpause“ trifft es eigentlich am besten. Ich befinde mich momentan auch in einer Projektpause, nutze die Zeit, um den Kopf wieder frei zu bekommen.
Der Schwellentroll scheint mir mit dem inneren Kritiker verwandt zu sein.
Ich denke auch, dass sie ihre Verwandtschaft nicht leugnen können. Und deshalb sind sie auch mit den gleichen Waffen zu schlagen 😉