Die Chancen, die ein Dialog dir bietet, kennst du bereits. Doch die beste Absicht geht nach hinten los, wenn deine Dialoge hölzern wirken. Wie aber schreibst du natürliche Dialoge? Dialoge, wie aus dem Leben gegriffen? Ich habe diesmal ein paar Tipps für natürliche Dialoge zusammengestellt:

Die Grammatik gesprochener Rede

Mündliche Rede hat eigene grammatikalische Formen, die schriftlich oft falsch anmuten. Wer aber verwendet in der mündlichen Rede beispielsweise das Präteritum? Wenn du einen Streber auftreten lassen willst, der Auswendig-Gelerntes wiedergibt, dann nur zu. In meinen Texten sprechen sonst nur sehr hohe Figuren wie der Marchese oder sehr alte wie ein Vampir im Präteritum, und das auch nicht durchgängig.

Kennst du wen, der 100%ig korrekt spricht?

Ich jedenfalls nicht. Denn wenn wir nach der Schrift sprächen, wirkten wir versnobt, gestelzt und altklug. Was nicht bedeutet, dass nicht auch mündliche Rede und natürliche Dialoge gehoben und elegant sein können. Aber gehoben und lebendig schließen einander nicht aus. Beobachte Menschen, die sich unterhalten oder die einander etwas erzählen.

Wer redet, macht Pausen

Schon alleine, weil er Luft holen muss. Bevor deine Figuren den Erstickungstod sterben, strukturiere bitte ihre Rede. Nutze die reiche Palette der Zeichensetzung, gliedere durch Kommas, Gedankenstriche, Auslassungspunkte. Und bei der Gelegenheit hinterfrage auch gleich Endlosschachtelsätze. In der Regel weiß der Sprecher bei der dritten Verschachtelung nämlich nicht mehr, wie er begonnen hat, und wird das also bleiben lassen. Und wenn du auf Schachtelsätze stehst, dann hänge sie doch einer Figur als Tick an und lass diese Figur immer wieder den Faden verlieren 😉

Dialog sind mindestens zwei

Sonst wäre es nämlich ein Monolog. Es gibt natürlich auch Menschen, die ihre Umwelt mit selbstdarstellerischen Monologen langweilen, aber dann schreibe nicht nur die Endlosrede sondern auch die Reaktion der Monologisierungsopfer. Ein Gähnen etwa, oder ein Augenrollen. Von mir aus verzückte Blicke, die an den Lippen des charismatischen Redners hängen. Fragende, wenn der Typ Unsinn von sich gibt. Wenn der eine kein Ende findet, dann bedient sich der andere eben der nonverbalen Sprache.

Spritziger ist Rede und Gegenrede

Ein zivilisierter Mensch antwortet auf seinen Vorredner, er nimmt Bezug. Dadurch stehen die Wechselreden miteinander in Zusammenhang, Redeteile und Repliken bauen im besten Fall aufeinander auf. Wie beim Tennis. Gespräche dürfen aber auch unbefriedigend verlaufen, wenn die Dialogpartner aneinander vorbeireden. So lässt sich ein Konflikt aufbauen oder zuspitzen. Beim Streitgespräch ist vielleicht einer rhetorisch überlegen oder er wird hoch emotional.

Emotionen sind das Salz für natürliche Dialoge

Na ja, eigentlich das Salz deines kompletten Romans, aber im Dialog spielen sie noch eine ganz besondere Rolle. Deine Figuren tauschen nicht nur Informationen aus, sie fühlen. Und das mitunter heftiger, als den anderen lieb ist. Engagement beeinflusst oder verzerrt die Rede, und in der Hitze des Gefechts übertreibt man schon mal, oder der eine lässt den anderen nicht ausreden. Mache das im Text deutlich, indem der vorige Redner seinen Satz nicht zu Ende führen kann, lass Figuren einander ins Wort fallen.

Suche dir einen Zweiten, um natürliche Dialoge zu schreiben

Alleine kannst du einen Dialog zwar leichter aufbauen, weil du dir selbst die Bälle zuspielst, aber realistischer wird es, wenn du auf jemand anderen reagieren musst. Denn dieser andere besitzt doch glatt die Frechheit und denkt nicht so wie du! So entstehen höchst überraschende Wendungen und deine Figuren müssen ordentlich argumentieren, wenn sie überzeugen wollen.

Wie du weißt, schrieb ich manche Texte mit einer Co-Autorin, und jede war dabei für bestimmte Figuren zuständig. Heutzutage geht das sehr gut über diverse Chat-Programme, wir etwa schreiben unsere Texte über Skype und können dabei auch reden. Für Dialoge ist das eine Methode, die ich dir nur ans Herz legen kann.

Oder pflege deine Schizophrenie

Wenn du keinen Zweiten hast, dann bleibt dir nur mehr ein Ausweg, und der führt dich im realen Leben ins Irrenhaus. Beim Schreiben natürlicher Dialoge kommst du um dieses Risiko aber nicht herum, du schlüpfst nämlich in deine Figuren, du springst ständig hin und her. Und das wiederum bedeutet, dass nicht jeder Dialog, der sich schnell liest, auch schnell geschrieben wird. Ganz im Gegenteil 😉

 

Viel Spaß beim Schreiben!

ls-unterschrift

 

Bild: Meine ehemalige Co-Autorin Elke Lakey als Van Helsing und ich als Dracula
© Salomon Fotografie – Capture the Moment