Wer ist dein bester Freund beim Schreiben deines Romans? Sag jetzt nicht der Held, denn wenn du es richtig machst, müsste er dich dafür hassen, was du ihm alles antust. Deinen besten Freund findest du in unmittelbarer Umgebung deines Protagonisten, er ist nämlich auch sein bester Freund. Was der Begleiter des Helden für euch beide tun kann, sehen wir uns gleich mal an.

Beim Freund findet der Held Ruhe oder tankt neue Kraft

Über Protagonisten denken wir schnell einmal nach, über Antagonisten auch. Dass dein Roman Held und Gegenspieler braucht, ist dir nichts Neues, dass ein Love Interest Romantik und Verwicklung in die Handlung bringt, weißt du ebenfalls. Doch hast du dir schon einmal Gedanken gemacht, bei wem dein Held oder deine Heldin zur Ruhe kommt oder Kraft schöpft?

„Arm in Arm mit dir / So fodr‘ ich mein Jahrhundert in die Schranken.“ (Schiller, Don Karlos) Ein Held, der einen Vertrauten hat, kann sich glücklich schätzen, denn er muss zwar durch die Konflikte durch und über die Hindernisse drüber, aber er ist nicht alleine. Das ist wie mit deiner besten Freundin, die du um drei Uhr nachts anrufst, wenn du Liebeskummer hast. Oder wie der Kumpel, der mit dir auf ein Bier geht, wenn alles wieder mal so richtig zum Kotzen ist.

In welchem Verhältnis stehen Held und Vertrauter zueinander?

Wenn du deinen Helden Freunde zur Seite stellst, solltest du vor allem klären, wie sie zueinander stehen. Es gibt zwar die großen Freundespaare in der Literatur wie Winnetou und Old Shatterhand, aber das sind befreundete Helden, die auch ähnliche Funktionen in der Geschichte haben. Ein Vertrauter hat andere Aufgaben, der mischt auf einer anderen Ebene mit. Gibt es ein soziales Gefälle, ein hierarchisches, ein intellektuelles? Was kann der Vertraute, was der Held nicht kann? In irgendetwas müssen sie sich unterscheiden, sonst ist die Sache witzlos.

Warum ist der Freund dem Helden treu?

Du musst nicht schreiben, warum der Begleiter dem Helden folgt, aber du solltest wissen, warum er es tut. Denk dir eine Vorgeschichte aus, die sie zusammengeschweißt hat. Der Vertraute ist oft kritisch aber auch grenzenlos loyal, doch Loyalität hat einen Grund. Was steht für den Vertrauten auf dem Spiel, wenn er den Helden verlässt? Was würde der Held verlieren?

Der Freund darf, was andere nicht dürfen

Der Freund darf die Wahrheit sagen. Ungeschönt und manchmal auch brutal. Durch seine Vertrauensstellung – selbst wenn er ein Diener oder Untergebener ist – muss er sich kein Blatt vor den Mund nehmen. Natürlich wird er respektvoll mit dem Helden reden, natürlich wird ein Diener nicht auf einmal seinem Herrn befehlen oder der Schüler den Lehrer maßregeln. Aber er kann Tacheles reden, ohne Konsequenzen zu befürchten. Und gerade deshalb ist er auch für den Helden unersetzlich.

Authentisch wie sonst nie

Was nützt dir ein Vertrauter beim Erzählen? Egal, mit wem der Held interagiert, er macht es stets mit Hintergedanken. Vor allem handelt er und schwafelt nicht, er zeigt anderen Figuren die Fassade, von der er sich den größten Erfolg verspricht. Er wird seinen Gegnern nicht von seinen Plänen erzählen und schon gar nicht von seinen Ängsten. Den Freund jedoch kann er einweihen, und so kannst du Informationen für den Leser einflechten, ohne als allwissender Erzähler aufzutreten.

Das wussten schon die antiken Dichter, in den Komödien des Terenz etwa gab es stets einen Confident (i.e. Vertrauter), mit dem die Ereignisse besprochen wurden. Im Barock und im 18. Jahrhundert, wo Figuren an Ständeklauseln gebunden waren, verschaffte der Dichter sich durch den Confident den nötigen Freiraum, um den Helden authentisch zu zeigen.

Genau diesen Freiraum kannst auch du dir einrichten. Beim Vertrauten oder Freund muss sich dein Held nicht verstellen, sein Freund kennt ihn eh in- und auswendig. So echt bekommst du den Helden sonst nur in Grenzsituationen, wenn er unter Druck steht.

Du zeigst deinen Helden von einer anderen Seite

Ähnlich liegt es mit Facetten, die man an deinem Helden sonst nicht vermutet hätte. Er kann sich überraschend verletzlich zeigen. Oder seine Arroganz erhält Risse, und er erweist sich als liebesfähig. Und damit meine ich nicht, dass er dem Freund von seiner Leidenschaft für die weibliche Hauptfigur erzählt, sondern dass er im Umgang mit dem Freund liebenswert ist. Wer zu einem Freund anständig ist, kann es auch zu einer Frau sein, egal wie ruppig er sich sonst gebärden mag.

Durch den Kontrast verstärkst du deinen Helden

Konzipierst du den Vertrauten nicht nur als Confident sondern als Sidekick, dann streichst du die Eigenschaften des Helden noch besonders heraus. Die Aufgabe des Sidekicks ist, die Überlegenheit und die überragenden Fähigkeiten des Helden zu zeigen. Was wäre Kara Ben Nemsi ohne Hadschi Halef Omar? Oder Sherlock Holmes ohne Watson? Der Sidekick ist mehr als ein Diener oder Handlanger, er ist die Figur, der der supertolle Held alles erklären kann und durch die er glänzt. Der Sidekick darf allenfalls normal und muss auf jeden Fall dem Helden unterlegen sein.

Durch Komik entlastest du den Leser

Diese Unterlegenheit macht den Sidekick prädestiniert für Komik. Über Humor kann man bekanntlich streiten, mich kannst du zum Beispiel mit Klamauk jagen. Ich kann es nicht ausstehen, wenn der Sidekick der Depp der Nation ist, mit ein Grund, warum ich Karl Mays Orienterzählungen nicht aushalte.

Ist der Held ernst, versuche es mal mit einem verschmitzten Vertrauten. Peitscht du den Leser durch eine aufregende Handlung, flechte hie und da eine Szene ein, bei der er schmunzeln kann. Durch den heiteren Charakter des Sidekicks kannst du das tun, ohne die Handlung abzubremsen. In Das Gift der Schlange erlebst du den Unterschied, ob ein Meisterspion oder sein Sidekick eine Aktion setzen, selbst wenn beide Handlungen von Erfolg gekrönt sind.

Führe eine Parallelhandlung mit

Der Sidekick muss nicht alles so megaschwer nehmen wie der Held, aber er kann sich durchaus mit den gleichen Problemen herumschlagen. Nimm Mozarts Zauberflöte her. Sowohl die Liebeshandlung zwischen Tamino und Pamina wird durch Papageno und Papagena gedoppelt, als auch die Initiationsreise. Vollkommen heldenkonform meistert Tamino die Aufgaben, während Papageno auf sehr liebenswürdige Art scheitert. Nicht jeder ist eben zum Held berufen, und so bietet der Sidekick eine weitere Identifikationsmöglichkeit für deinen Leser.

Der Sympathieträger schlechthin

Helden mögen uns faszinieren, aber willst du selbst so extrem an deine Grenzen gehen? Der Charakter des Helden zeigt sich aber nun mal in der Krise, an der Kippe. Und manchmal sehen wir dem Helden eben lieber zu als selbst einer zu sein, sonnen uns in seiner Gegenwart oder unterstützen ihn nach unseren bescheidenen Kräften. Und genau das tut der Sidekick. Schreibe ihn nicht heroisch, sondern sehr menschelnd, und deine Leser werden ihn lieben.

 

Egal ob Vertrauter oder Sidekick, diese Figur birgt zu großes Potenzial, um dir nicht Gedanken über sie zu machen. Je sorgfältiger du sie ausarbeitest und vom Helden abgrenzt, desto vielfältiger sind die Möglichkeiten, die du dir durch sie eröffnest. Verschenke deinen Sidekick nicht alsType, sondern nütze den kostenlosen Crashkurs In 60 Minuten zur komplexen Figur dazu, ihn vielschichtig anzulegen. Du wirst sehen, du hast dann eine wahre Fundgrube für die Handlung.

Viel Spaß beim Schreiben!

ls-unterschrift

 

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